LESEPROBE  "Die unbequeme Nation" von Georg Kausch

Inhaltsverzeichnis


1.Teil: Legionen gegen Germanien    2

Das Duell der Feldherren    2

Das Schwert verlor, die Lüge siegte    8

Herkunft und Entwicklung der  Germanisch-Deutschen Nation    12

Der Sieg des Germanenstaates über Rom    26

2. Teil: Priester gegen Deutschland    38

Ein neuer Feind tritt auf    38

Die ersten Kreuzzüge gegen die Germanen    58

Die Zerstörung der germanischen Wirtschaftsordnung    66

Der geplante Weg ins Elend    79

200 Jahre Wirtschaftsblüte– Niedergang der Kirche    91

Neuer Aufstieg der Kirche und Wirtschaftverfall    113

Der Rückfall in das finsterste Mittelalter    123

Ein Versuch, uns sprachlich zu überwältigen    129

Not in Deutschland – Wirtschaftsblüte in Italien    141

Wirtschaftsaufschwung - Ursache der Reformation!    149

Die Priester gewinnen wieder an Macht    157

Neue Kreuzzüge gegen die germanischen Nationen    164

Frankreich wird Vormacht des Abendlandes    172

Und - wieder einmal Notstandszeit!    176

Preußen, Keimzelle neuen Aufstieges der Deutschen    178

Friedrich der Große und Politik im 18.Jahrhundert    181

Die Zeit der “Aufklärung” und ihre Ursache    188

Revolution in Frankreich und die Folgen    194

Deutschlands “Befreiungskriege”- für wen?    201

Nichts für das Volk- das Reich nur für Reiche    208

“Kulturkampf” = Priesterkampf gegen Deutsche    224

Die Einfädelung des (Ersten) Weltkrieges    229

Das Ende einer verfaulten Herrenschicht    239

Verrat am Volk- die größte Niederlage    251

3.Teil: Die verrottete Gesellschaftsordnung    267

Wie lange noch Nation im Unglück?    267

Privatgrundeigentum - das Unglück der Nation    278

Der ewige Krieg zwischen Grundeigentümern und Entrechteten    284

Die kapitalistische Geldwirtschaft- Wurzel aller Übel    293

4.Teil: Unsere naturgemäße Lebensordnung    312

Die Grundlagen der ausbeutungsfreien Wirtschaft    312

Neubau der Wirtschaftsordnung heißt:    329

Neubau von Volk und Staat    329


Anmerkungen und Ergänzungen / Quellen  

1.Teil    343

2.Teil    348

3. & 4. Teil    388

Worte hoher Priester aus neuerer Zeit zum

Nachweis des Fortbestehens druidischen Geistes    397


Leseprobe:




Der Sieg des Germanenstaates über Rom  


Mit den Siegen des Arminius, dem Frieden von 16/17 und der römischen Erkenntnis, Germanien nicht bezwingen zu können, war das Verhältnis beider Staaten für Jahrhunderte auf Ebenbürtigkeit gestellt. Die Rückwirkungen seiner Führung und Siege auf den Einzelnen wie auf Staatsleben und Moral des Volkes waren ganz gewaltig. Fortan hatte die Partei der Römerfreunde nicht viel zu bestellen. Sicherlich nicht allein deswegen, weil die römischen Schmiergelder ausblieben, sondern weil sich das Volk diese Leute jetzt genauer ansah und ihre Dummheit oder Absichten merkte. "Flaves" wurde ein Schimpfwort für Lumpen (Käufliche, Abtrünnige, Renegaten) das bis heute gültig und in Gebrauch ist!

Wir müssen eine von Arminius durchgesetzte regelrechte Staats- und Verfassungsreform um 19/20 n. Ztw. annehmen, die Germanien modernisierte und erheblich stärkte. Obwohl die römischen Quellen sie andeuten, wurden unbegreiflicherweise ihre Grundzüge bisher nicht erkannt: Arminius hat der althergebrachten lockeren Gauverfassung eine Bundesregierung mit erheblichen Machtbefugnissen übergeordnet. Natürlich paßte das etlichen Gauführern nicht, auch fürchteten sie die Gefahr eines Mißbrauches der Staatsmacht mehr als den Nutzen für Volk und Rasse. In diese Richtung weist jedenfalls die Ermordung des Arminius. Zu spät erkannten sie, welch eine politischer Segen für das Germanenvolk von der neuen Bundesführung ausging. Das zeigt sich deutlich in der Ausschaltung des markmannischen Separatisten Marbod und seiner Vertreibung sowie dem alsbaldigen Abfall der germanischen Bundesgenossen Roms. Sie sahen in der Rückkehr zum eigenen Volk mehr Vorteil als bei den Fremden.

Ein allgemeiner Irrtum ist die Annahme, daß mit dem Fortschritt der Geschichte die schriftlichen Quellen reichlicher fließen und wir daher über die jüngeren Ereignisse allmählich besser Bescheid wissen als über die Vorzeit. Leider trifft das nicht zu. Sie sind verworren, unvollständig und widerspruchsvoll. Nur mit Mühe läßt sich der Verlauf der späten germanischen Geschichte in einen gewissen Zusammenhang bringen.

Unverständliche Widersprüche lassen die überlieferten Quellen erkennen, wenn sie zahllose Siege der Römer über die Germanen berichten. Die besiegten "Räuberscharen" wie auch viele germanische "Halbnomaden" (wer soll das sein?) seien von den Römern aufgenommen worden, sie hätten geholfen, fortan die römische Grenze gegen Germanien zu verteidigen. Unzweifelhaft schlugen sich Germanen auf die römische Seite, ließen sich bei den Römern nieder oder sind in ihre Dienste getreten. Doch spricht alles gegen einen geschlossenen Übergang ganzer Volksteile. Denn in solchem Falle wäre ja der Kriegsgrund der Germanen entfallen, sie hätten fortan die römischen Waffen viel wirkungsvoller stützen müssen. Das ist nicht der Fall, dem Gegenteil und der Wirklichkeit näher kommen Verhandlungen der Gotenführer mit römischen Kaisern über Landabtretungen zur geschlossenen Besiedlung, die fehlschlugen und zum Kriegszuge durch den Balkan führten (die alte Landnahmepolitik!). Gegen allgemeine Übertritte zu den Römern sprechen vor allen Dingen die wirtschaftlichen Lebensbedingungen, die alles andere als eine Lockung waren. Wer auf römische Siedlungspropaganda- die es gegegeben hat- hereinfiel, mußte der römischen Ausbeutungswirtschaft zufallen. Da die Römer alles Land als Privateigentum behandelten (selbst wenn es noch dem Fiskus gehörte), hatte der germanische Bauer im Römerreich einen Grundzins an den Landherrn zu entrichten, eine Sache, die ihm gewiß niemals gefallen konnte. Wir werden später zeigen, daß jeder Grundherr seine Rentenforderungen auf das höchstmöglichste Maß zu schrauben versucht. Ein derartiger Einkommensverlust für den Bauern drückt ihn stets zum Proletarier, ja zum Sklaven hinunter. Dann zwangen die Römer germanische Siedler, stets fernab der germanischen Grenze Wohnplätze einzunehmen, eine staatspolitisch durchaus begreifliche Maßnahme (21). Wies man ihnen Wohnsitze frei von Grundeigentumslasten zu, dann schreckte die harte und gefürchtete Steuerbürde, von der nur die höchste Klasse ausgenommen war, ganz besonders ab, die fragwürdigen Vorzüge römischer Kultur zu genießen. Es sprach sich herum, daß sich ein Bauer in Germanien wirtschaftlich mindestens 3-4mal besser als auf der römischen Seite stand. Wer das nicht glauben wollte, nun, den ließ man ziehen. Aus der römischen Wirtschafts-Knechtschaft gab es gewiß keine Rückkehr, allenfalls den Untergang. Diese Verhältnisse waren durch die wirtschaftlich entgegengesetzten römischen und germanischen Staatsverfassungen gegeben und nichts konnte sie überbrücken. Zwischen beiden Systemen war nur Krieg möglich, und zwar Krieg bis zur Vernichtung.

Erzählungen über Einreihung von Germanen in die Legionen sind mit Vorbehalt aufzunehmen. Die römische Armee hatte eine rohe Disziplin, Mißhandlung und körperliche Züchtigung war die Regel. Es scheint fraglich, ob freigeborene Germanen solche Behandlung ertrugen. Die vielen Fälle von Ungehorsam, Meutereien, Aufständen, Desertionen werfen ein trübes Licht auf die Moral in den römischen Truppenverbänden. Gewiß herrschten in aus Landesbewohnern gebildeten Hilfstruppen (Auxilien) andere Grundsätze, doch bei den Römern galten diese stets als unzuverlässig. Von Germanen wird in den römischen Berichten der Feldzüge fast nur gesprochen, wenn sie unter germanischen Führern kämpften, die natürlich bestochen waren. Ausnahmen, wie z.B. die germanischen Leibwachen des Augustus, konnten nur durch die Lockung mit besonders guter Bezahlung (aha!) und Privilegien geschehen. Die ständig wiederholte Behauptung von Germanen in den Waffendiensten der feindlichen Macht ist zwar nicht zweifelhaft, jedoch entstellt und übertrieben.

Ganz Verworrenes wird uns über die "Hunnen" überliefert. Die sollen asiatische, nomadische Reitervölker gewesen sein. Sie hätten ganz Mitteleuropa überflutet, die Gotenstämme unterworfen und diese zu ihren Bundesgenossen gemacht, bis "sie sich rasch in anderen Völkern auflösten". Spuren irgend welcher Art hinterließen sie demzufolge nirgends, sie hatten keinerlei Kultur, Widerstand fanden sie kaum, sie waren an der "Völkerwanderung" schuld, die zu erklären den Historikern üble Kopfschmerzen bereitet.

Sehen wir uns die Taten der von den Hunnen angeblich unterworfenen Goten an. Wir sehen die Germanen nicht vor dem Druck östlicher Reiterhorden nach Westen fliehen, mit Sack und Pack, Weib und Kind, sie verhalten sich vielmehr ganz wie ein freies, unbezwungenes Volk. Sie greifen jene Eindringlinge nicht an, schlagen aber mehrmals die Römer und vernichten schließlich das Imperium. Ihre kampfkräftigen Armeen marschieren nach Griechenland, Italien, Spanien und schließlich sogar Nordafrika, brechen die letzten Reste römischen Widerstandes, aber kein Hunnenherrscher übernimmt den römischen Kaiserthron. Im Gegenteil, einem Historiker zufolge standen die "Hunnen" in den Diensten des römischen Kaisers! Seltsam, höchst seltsam! Hätte die germanische Front gegen das Römerimperium standgehalten, wenn sie aus der Flanke durch einen neuen Feind aufgerollt worden wäre? Da kann etwas nicht mit den Hunnen stimmen, und noch weniger mit der "Völkerwanderung". Ein großer Teil der Goten ist in seinen alten Wohnstätten in Schweden und dem Weichselland verblieben, das ist archäologisch nachgewiesen. Eine Völkerwanderung im Sinne der Schullehre fand unmöglich statt, sie muß ein Märchen sein. Wer das Märchen erfunden hat ist eine Frage, die wir später beantworten werden.

Wir wollen nun anhand deutscher Forschungsarbeiten nachgestalten, wie es zum militärischen Untergang des Römischen Imperiums kam: Zu Beginn des dritten Jahrhunderts wurden die Angriffe der Germanen auf die Grenzen des Römerreiches immer heftiger. Da treten die Allemannen auf, laut Professor Mommsen: "Einem wenig später schreibenden Römer zufolge war es ein zusammengelaufenes Mischvolk; auf einen Gemeindebund scheint auch die Benennung hinzuweisen... aber daß es nicht Germanen dieser Gegend sind, ...zeigt sowohl die Nennung der Allemannen neben den Chatten wie die Meldung von der ungewohnten Geschicklichkeit der Allemannen im Reitergefecht." Mommsens unverbesserliches Vorurteil beiseite: Offensichtlich waren die Allemannen eine kavalleristisch besonders sorgfältig ausgebildete und ausgerüstete Armee aus der Jungmannschaft aller Gegenden Deutschlands, die mit zwei Angriffskeilen den obergermanischen und rhätischen Limes beiderseits seiner Nahtstelle durchbrach, diese stark verteidigte Front aufrollte- nur eine militärisch erfahrene Führung kann das so planen und befehlen- und das Zehntland nach dem Brauch der alten Landnahme für sich eroberte. Denn ein "Mischvolk" würde freiwillig niemals zusammenhalten und bloßes Zusammenlaufen zu Krieg und Eroberung- gegen die größte Militärmacht der Zeit!- genügt allenfalls für weltfremde Professoren. Im Osten stehen in vorderster Front die Goten, geteilt in zwei Gruppen. Was wir hier sehen, sind nicht etwa Namen verschiedener Völker, die mit den überlieferten klassischen Völkernamen der Germanen im Widerspruch stehen. Hier handelt es sich um Bezeichnungen von Heeresgruppen! Die Römer gaben ihren Truppenverbänden Nummern, die ganz andere Kultur der Germanen bezeichnete sie mit Namen, die mit der Aufgabe oder Ausrüstung in Zusammenhang standen. Die abgetretenen Kämpfer halten oft unter ihrem alten Truppennamen in Traditionsverbänden zusammen, ein Brauch aller Soldaten. Selbst die nächsten Generationen schmücken sich gerne damit; überflüssig gleich an neue Volksstämme oder Völker zu denken. Daher Markmannen (Grenz[schutz]männer), Allemannen (allgemeines Aufgebot), Sachsen (nach ihrer neu eingeführten Hauptwaffe, dem Kurzschwert= Sax), Franken, nach deren Hauptbewaffnung, der Schleuderaxt (“francesca”), Langobarden (ebenfalls nach ihrer Waffe, der langschäftigen Breitaxt- Hellebarde). Die Germanen haben große, mit jeweils einheitlicher Bewaffnung ausgerüstete Kampfverbände gebildet und taktisch geübt, das läßt auf ein hochentwickeltes Heerwesen schließen. Der Name Goten und etliche andere sind bisher nicht gedeutet. Denn auch die Goten verfügten über Angehörige aller germanischen Landschaften. Daneben gab es noch landsmannschaftlich ausgehobene kleinere Heeresverbände wie Burgunden, Wandaler, Chatten (Hessen) usw. Diese Art der Bezeichnung germanischer Armeen geht offenbar auf die früheren Landnehmer-Heere zurück. Im 2. Jahrhundert v. Ztw. waren es die Kimbern und Teutonen, die gleichfalls Jungmannschaften anderer Gegenden eingegliedert haben. Bei ihnen ist der Übergang von einfacher Landnahme zu strategischen Aufgaben für das Gesamtvolk der Germanen zu erkennen. Die ursprünglichen Landnahmeheere haben wahrscheinlich wie die Kimbernzüge ausgesehen. Den Troß führten ihre jungen Frauen, die ihre ersten Kinder bereits unterwegs bekamen. Diese Art von Heereszug bewährte sich gut gegen die Kelten, erwies sich aber nach den ersten Zusammenstößen mit den Römern als unbrauchbar und mußte aufgegeben werden. Vom 1. Jahrhundert sind uns die Sueben bekannt, deren bedeutendster Herzog Ariovist war. Und kurz vor der Zeitwende treten die Markmannen unter Marbod auf, auch sie erfüllen zunächst eine strategisch-militärische Aufgabe, die in die Besiedlung des Landes übergeht, wenn die Frauen den Kriegern nachziehen und neue Sippen gegründet werden.

In den folgenden 200-300 Jahren nahmen die Kämpfe um das Land und die Anstrengungen der Römer die Grenze zu halten an Erbitterung zu. Nach der Eroberung des Zehntlandes durch die Allemannen wurden 25 Jahre lang römische Gegenangriffe vorgetragen. Die Entscheidung zugunsten der Allemannen fiel erst 258/59, als die Goten unter Herzog Kniva an der unteren Donau den römischen Armeen mehrere schwere Niederlagen beibrachten. Wir erkennen daraus, an welch einer langen Front- länger als die Fronten des ersten Weltkrieges- die Auseinandersetzungen zwischen Römern und Germanen sich abspielten.

Auf der ganzen Front gleichzeitig, von der Nordsee bis zum Schwarzen Meer, begann der Großangriff auf das römische Imperium im Jahre 376. Das ist unmöglich Zufall, vielmehr muß die germanische Staats- und Heeresführung es so geplant haben. Beim Tode Kaiser Valentinians (375) hat sie mit den üblichen Nachfolgekämpfen unter den römischen Generalen gerechnet und fand die Lage günstig, die politische Verwirrung zum Entscheidungskrieg auszunutzen.

Nun zu den "Hunnen". Was haben mittelalterliche Mönche mit ihren schlechten Lateinkenntnissen nicht alles aus unbekannten Worten herausgelesen! Die Phantasie nichtdeutscher Schreiber richtete weitere Verwirrung an:. Wegen des völligen Mangels an greifbaren Spuren bezweifelten bereits einige Wissenschaftler die Existenz von Hunnen als Heer oder Volk. Hier liege die Falschdeutung einer germanischen staatlichen Einrichtung oder Maßnahme vor, die wir nicht mehr kennen. Vielmehr sei hierunter die gesamtgermanische Staatsführung, Ministerium und Generalstab anzunehmen (22). Eine andere Deutung weist auf die Bezeichnung "Hunno" (vgl. Hüne, Hunibald) hin, die dem germanischen Hundertschaftsführer zukommt, also ein Offizier im Range eines Hauptmannes. Man vergleiche dazu die ähnliche lateinische Bezeichnung "Centurio" (centum= hundert) für die gleiche Stellung. Möglicherweise ist die deutsche Bezeichnung des einfachen Offiziers von den Römern entliehen. Centurionen wurden nicht nur mit der Truppenführung, sondern auch mit wichtigen Aufgaben generalstäblicher, diplomatischer und nachrichtendienstlicher Art betraut.-

Die Hunnenlegende findet eine einleuchtende Erklärung. Der Ostgoten-König Ermanerich widersetzte sich den Kriegsplänen der allgermanischen Staatsführung. Sie schickte eine Offizierabordnung ihn abzusetzen und zu verhaften. Er wagte bewaffneten Widerstand und mußte dafür mit dem Tode büßen. Unter den Befehlen der Hunnos nahmen die Ostgoten den Krieg gegen Rom planmäßig auf. Bei den Visigoten (Westgoten) unter Frithigern und Athanerich hat es erhebliche Reibungen gegeben, die durch das Christentum verursacht sein sollen. Weitaus wahrscheinlicher ist eine persönliche Feindschaft zwischen beiden Herzögen, wie sie ja auch zu unserer Zeit zwischen hohen Generalen häufig vorkommt. Die Hunnos haben diese Fehde beigelegt und Marschbefehle gegen die Römer erteilt. Am 9.August 378 vernichtete Frithiger, unterstützt durch eine ostgotische Armeeabteilung, in der Schlacht bei Adrianopel das gesamte römische Heer unter Kaiser Valens, der dabei den Tod fand. In ähnlicher Weise überrannten Franken und Sachsen die römischen Grenzen, die ersteren nach Gallien, die Sachsen Britannien. Die größten Festungen gegen Germanien, Vetera (am Niederrhein) und Carnuntum (zwischen Wien und Preßburg), wurden erstürmt und dem Erdboden gleichgemacht, aber viele andere überlebten als offene Städte: Wien, Linz, Regensburg, Straßburg, Mainz und Köln sind bekannte Beispiele. Die germanischen Heere eroberten den Balkan, die Alpenländer, Frankreich und erreichten die Küsten das Mittelländischen Meeres.

Unter diesen verlustreichen Niederlagen brach das Römerreich zusammen. Ostrom mit der Hauptstadt Konstantinopel war wegen seiner Randlage für die germanische Politik uninteressant und erhielt einen milden Frieden. Die Römer haben die wesentlich härteren Bedingungen, die Westrom auferlegt wurden, nicht eingehalten. Den mit dieser, auf Italien, Südfrankreich, Spanien, Griechenland und Nord-Afrika beschränkten Reichshälfte geschlossenen Frieden brach Kaiser Honorius durch die Ermordung seines von den Germanen eingesetzten "Magister militans", den Wandaler Stilicho- wahrscheinlich auf Druck der römischen Kapitalisten- und Großgrundeigentümerklasse. Darauf erhielt die Goten-Armee in Mazedonien, die jetzt auf Wacht gegen Ostrom dastand, die Weisung, Italien zu erobern. Um jegliche Flankenbedrohung Germaniens auszuschalten, säuberte sie zunächst Griechenland bis zum Peloponnes von römischer Besatzung, dann marschierte sie, verstärkt durch weitere Truppen aus Deutschland, auf den römischen Militärstraßen nach Italien und belagerte Rom. Als die Römer die für sie hoffnungslos gewordene Lage nicht anerkennen wollten, wurde Rom erstürmt (410). Bezeichnend ist die Antwort, die der Gotenherzog Alarich den bettelnden Römern gab, als sie fragten, ob er ihnen etwas lassen wollte. "Das Leben" war seine Antwort; genau dieselbe, die einstmals die Römer bei Kapitulationen zu geben pflegten! Alarich muß genaue Erinnerungen der Vorgänge unter Caesar und Germanicus besessen haben, die 400 Jahre zurücklagen! Man hatte bei den Germanen nichts vergessen, und das spricht für ihre völkische, geistige und kulturelle Moral. Die ständig wiederholten Behauptungen von germanischen Plünderungszügen stammen ja bloß von römischen oder griechischen Laien, die die strategische Bedeutung der einzelnen Feldzüge nicht begriffen. Sie widerlegen sich selbst, wenn sie im gleichen Atemzuge von ihrer erstaunlich humanen Behandlung durch die Sieger berichten.

Italien war dennoch nicht zum Ziele germanischer Siedlungspolitik auserkoren worden. Den Visigoten wurde vielmehr Südfrankreich zuerkannt, das damit ebenfalls für Rom verloren ging. Die Goten-Armee räumte deshalb Italien und ließ sich südlich der Franken bis über die Pyrenäen nieder (Gotaland=Katalonien). Hauptstadt wurde Tolosa (Toulouse). Damit unterbrach sie die Landverbindung zwischen Spanien und Italien. Die Rolle der Wandaler ist offensichtlich gänzlich mißverstanden worden. Eine kleine Armee hat West-Spanien (Andalusia= Wandalerland) erobert, setzte 429 nach Nordafrika über und richtete das wiedererbaute Karthago als Verwaltungssitz ein (439). Da die insgesamt nur 80 000 Wandaler, die ihre Frauen und Kinder einschlossen, niemals so ein riesiges Land besiedeln konnten, muß ihr Zug nach Afrika andere Gründe gehabt haben. Das haben die Geschichteschreiber bis heute sich nicht klarzumachen versucht. Ratlos stehen sie vor dem Berichte des Prokop, eine Gesandtschaft aus der Weichsel-Heimat habe König Geiserich ersucht und dieser sich geweigert, ihre Anwesen für die Zurückgebliebenen freizugeben. Wir sehen darin den Hinweis, daß die Wandaler in Nordafrika sich nur auf einen zeitweiligen Aufenthalt als Besatzungstruppe eingerichtet hatten. Solange Rom widerstrebte- Geiserich hat ebenfalls mit einer Flotte und einem kleinen Heer Rom erstürmt (455)- mußte man ihm alle Hilfsquellen versperren, und Nordafrika war davon die wichtigste. Die Burgunden wurden von ihrer vorläufigen Niederlassung um Worms nach Ostfrankreich geschickt, wobei ihnen das Land beiderseits der Saone und die Hauptstadt von Gallien, Lyon zufiel (443). Die Allemannen überschritten den Oberrhein und nahmen das Elsaß bis zum Kamm des Wasgenwaldes in Besitz. Alle diese Bewegungen weisen auf Pläne zur geschlossenen Besiedlung hin und lassen eine ordnende Gesamt-Staatsführung der Germanen erkennen.

Ganz gewiß haben die Germanen immer neue Friedensverträge mit Rom geschlossen, auch wenn es heute darüber keine Angaben gibt (23). Die kampflose Räumung Britanniens und der verbliebenen Rhein- und Donaufestungen, unmittelbar nach 410 läßt sich nur so verstehen (24). Die germanische Politik wünschte nicht die Zerstörung des Römerimperiums. Belassung und Anerkennung der Kaiser in ihrer Stellung ist nicht anders zu erklären Man erkennt die ständigen Bemühungen der germanischen Bundesregierung, ein auf Italien, Spanien und Nordafrika beschränktes Römerreich zu erhalten. Aber die staatstragenden Familien des Imperiums (die hauptsächlich in Rom bzw. Unteritalien saßen) wollten sich keineswegs mit dem Verlust ihrer Latifundien, Bergwerke, Handelsmonopole und Wirtschaftsmacht abfinden. Im Senat saßen die reichsten römischen Kapitalisten; die waren durch alle Katastrophen nicht gebrochen und versuchten jede Landabtretung und Frieden mit Germanien zu verhindern. Solange sie noch über Geld, Untertanen und Soldaten verfügten, leisteten sie auf jeden Schritt erbitterten Widerstand. Unzweifelhaft war der damaligen germanischen Staatsführung die Bedeutung der Geldmacht von Natur aus fremd. Sie kam nicht auf den Gedanken, durch restlose Enteignung der römischen Kapitalistenklasse dem Krieg die Wurzel abzuschneiden. Italien nicht als germanisches Land, schon gar nicht als Kolonie einsacken zu wollen, half ihrer Diplomatie wenig. Falls sie diese Absicht den Italikern gesagt hat, so fachte sie den Widerstand, weil risikolos, unnötig an. Er konnte schließlich nicht anders beseitigt werden als durch die Unterwerfung Roms unter germanische Statthalter. Eine Umkehrung der wirtschafts-politischen Machtverhältnissse war damit allerdings nicht verbunden. Die Germanen wurden nicht die Ausbeuter und Sklavenherren der Römer. Die Germanen eroberten Land nicht um des Eroberns und Unterwerfens willen, sondern für die eigene nächste Generation und ihre Sicherung. Es widersprach ihren Grundsätzen, plötzlich viele Fremdrassige unter germanische Herrschaft treten zu sehen. Ihre Staatsführung war sich der Gefahren einer Zerstreuung und Vermischung der germanischen Bevölkerung, die sich aus den umfangreichen Eroberungen ergaben, völlig bewußt. Sie ließ das Schwarzmeergebiet von den Goten räumen, wo sie sich für viele Jahrzehnte niedergelassen hatten (sie wurden im ungarischen Donaugebiet angesiedelt): Nachweislich sind nur wenige zurückgeblieben. Daraus ist wiederum zu entnehmen, daß die germanische Bundesregierung ein von Skandinavien bis zu den Alpen, schließlich zum Mittelmeer reichendes, geschlossenes germanisches Staats- und Siedlungsgebiet beabsichtigte. Wir vermögen es uns kaum vorzustellen, wie die Welt heute aussehen würde, hätte das germanische Gemeinschaftsgefühl, das Arminius unserem Volke einpflanzte und sich 400 Jahre lang bewährte, seine Bindekraft behalten.

Ich sage hier etwas, das aufmerksame Gelehrte schon vor 150 Jahren erkannten! Der Schwede Anders Magnus Strindholm schrieb damals: "Während der ersten Jahrhunderte unserer Zeitrechnung hatten alle Nationen des Gothisch-Germanischen Stammes für ihre Waffentaten ein einziges Ziel: Den Sturz der römischen Macht!" Solche Feststellungen passen freilich nicht in das Klischee humanistischer “Bildung” und wurden daher mit allem Eifer bestritten. Dennoch verwickeln sich humanistische Wissenschaftler bei ihren Versuchen, sich auf die Seite der Römer und damit selbstverständlich gegen die siegreichen Germanen zu stellen, in die tollsten Widersprüche. Sie machen die Geschichte unverständlich ohne es zu bemerken. Von ihnen stammen solche Schulgeschichtsbuch-Plattheiten wie: "Die Hunnen gaben den Anstoß zur Völkerwanderung". Das humanistische Vorurteil, in dem eigenen Volke nur Barbaren, Wilde, Räuber, Kulturzerstörer zu sehen, kann sich eben nichts anderes vorstellen. Für ihre verbogene Denkweise wurde die Zerstörung des Römischen Imperiums, verbunden mit der Großen Landnahme die "Völkerwanderung" und die germanische Staatsführung eine Invasion der "Hunnen".

Humanisten-Gelehrte bestritten den Deutschen das Recht, die fremden Eindringlinge aus ihrem Lebensraum hinauszuwerfen. Die schauerlichen wirtschaftlichen Verhältnisse und unmenschlichen Zustände des römischen Staates und sein Bestreben, sie anderen Völkern aufzuzwingen, wurden ihnen niemals bewußt. Aber davon ganz abgesehen, anstatt deutsche Erfolge zu beklagen sollten sie sich der Frage widmen, weshalb sich die Germanen überhaupt auf einen so langen, blutigen und verlustreichen Krieg gegen das Römische Imperium einließen. Weshalb wurden sie Angreifer, weshalb versuchten sie das begehrte Land hinter den römischen Festungsanlagen zu erobern? Konnten sie nicht nach Osten ausweichen, nach Rußland hinein, das bis in unsere Gegenwart sehr dünn besiedelt ist? Das germanische Wohngebiet hatte ungefähr am 20. Grad östlicher Länge für eintausend Jahre unwiderruflich Halt gemacht. Diese Grenze wurde im 3. Jahrhundert von den Germanen widerstandslos überschritten. Aber das Land dahinter interessierte sie nicht, sie sind einfach durchmarschiert, sie sind nicht umhergeirrt, sie suchten ihre Ziele tausend Kilometer weiter südlich. Offensichtlich besaßen die germanischen Volksführer genaue Kenntnisse der Geographie Rußlands und Europas und seiner landwirtschaftlichen Bedingungen. Eine germanische (gotische) Besiedlung findet man erst wieder am Schwarzen Meer, der Südukraine und Krim. Zugleich bauten sie hier eine neue Front gegen das römische Imperium auf. Die Gründe sind nicht nur militärisch-strategischer Art, sie sind in der germanischen Bauernwirtschaft zu finden. Wer dieses Rätsel nicht von der wirtschaftlichen Seite untersucht, wird es niemals lösen!

Ungefähr auf dem 20.-21. Längengrad (für unsere Betrachtung: Königsberg-Krakau) verläuft die Klimagrenze von atlantischer Meeresluft und dem Binnenklima des europäischen Rußland. Sie zeigt sich in der Natur durch auffallend veränderten Pflanzenwuchs. Buche und Eiche kommen ostwärts dieser Linie nur noch vereinzelt vor, nicht mehr in Wäldern. Die germanische Bauernwirtschaft, die die Schweinezucht besonders pflegte, brauchte aber Bucheckern und Eicheln zur Schweinemast. Der Anbau von Ölfrüchten, Rüben, Winterweizen und Gerste im Osten der Klimagrenze war trotz aller Fortschritte bis zur Neuzeit wirtschaftlich wenig erfolgreich. Die Züchtung klimahärterer Getreidesorten (Roggen und Hafer bevorzugt) beanspruchte Jahrhunderte. Erst unter dem Deutschen Orden wurde der Ackerbau bis zur klimatischen Mischzonengrenze beim 22.Längengrad in Ostpreußen ausgedehnt (25), bis diese in der Neuzeit überschritten werden konnte, vergingen wiederum mehrere hundert Jahre. Es war für die germanische Volkswirtschaft nicht möglich, so lange zu warten; für sie war das Land zu ihrer Zeit unbauwürdig, nutzlos. Sie fand das durch fortwährend mißlungene Siedlungsversuche heraus. Anzunehmen ist das Aufgehen der dabei Vorgeprellten in der Urbevölkerung (Balten). Die landwirtschaftliche Kulturgrenze im Osten zwang die Germanen zum Blick nach Westen und Süden, neues Volksland zu erwerben. Strindholms seherische Gedanken erkannten diese eigentliche Ursache allerdings nicht. Erst wir sind mit dem Wissen um Zusammenhänge zwischen Erdkunde, Klima, Wirtschaft und Kultur in der Lage, Ursache und strategischen Leitgedanken des 400jährigen Krieges gegen Rom zu begreifen. Roms Macht sperrte die wirtschaftliche Lebensgrundlage aller heranwachsenden Germanen, und als dies vom Volke erkannt wurde, gab es nur eines: "Den Sturz der römischen Macht"!

Es dürfte die unablässige Intrigenarbeit der Römer, der allmähliche Einbruch der orientalischen Geldwirtschaft unter den Germanen mit ihren üblen Folgen, darunter die Bestechung der Führer gewesen sein, wenn die Bildung eines europäischen germanischen Großreiches, das mit dem heutigen China vergleichbar wäre, schon bald danach gescheitert ist. Weiterhin wird die Duldsamkeit der Germanen gegenüber der Vorbevölkerung, alle ihre Eigenheiten und gesellschaftlichen Einrichtungen zu belassen, die unvollkommene Ablösung der Römerherrschaft in den Provinzen, germanische Eigenbrötelei sowie eine schwache Bundesregierung dazu beigetragen haben. Noch einmal ist von Hunnen die Rede, als in der Schlacht auf den Katalaunischen Feldern (451) Germanen gegen Germanen kämpfen. Diese Schlacht, in Wahrheit der Entscheidungskampf des zweiten germanischen Bürgerkrieges (der erste war der Kampf des Arminius gegen den abtrünnigen Marbod), ist in die verworrene Darstellung mittelalterlicher Schreiber gehüllt. Unter Führung eines Römers Aetius kämpfen Westgoten, Burgunden und Franken verzweifelt gegen Attila und seine Übermacht, der die anderen Germanen, an der Spitze Ostgoten, aber auch auf dieser Seite Franken, anführt. Die Schlacht blieb unentschieden, man beachte das, doch der Krieg wurde nicht weitergeführt. Kurz danach kommt es zur Vermählung des Attila mit Ildiko, der Tochter des burgundischen Königs Gundowich (Gunther). Weshalb identifiziert sich die germanische Überlieferung mit einem angeblich volksfremden Herrscher, dem "großen König Etzel"? Nicht einmal von einem Friedensschluß wird uns berichtet! Wie ist dieses Geschehen geschichtlich zutreffend zu begreifen?

Römische oder ihnen nahestehende Einflüsse auf Franken und teilweise Visigoten und Burgunden verursachten einen Bruch dieser Volksgruppen (bzw. deren Führer) mit der germanischen Bundesgewalt. Die großen und reichen Städte Galliens waren unversehrt erhalten geblieben; hier verstanden die einflußreichsten Römer und ihre gallischen Bundesgenossen mit allen Mitteln- vor allem Geld- zu überleben. Der Aufstand der westgermanischen Führer, die sich einem Römer unterstellen, setzt geheime Machenschaften und Verabredungen voraus, er hat eine gewisse Ähnlichkeit mit dem des Ermanerich! Wurden sie bestochen, Ermanerich von Byzanz, die Franken- und Westgotenführer von den Alteingesessenen in Gallien? (26) Und weiter: In welchem Zusammenhang steht damit der erneute Überfall auf Rom durch ein wandalisches Heer und Flotte (455) und ein Vormarsch germanischer Heere in die Po-Ebene? Kann die dabei erfolgte "Plünderung Roms" die Enteignung des friedenstörenden römischen Kapitalistenklüngels gewesen sein, auf dessen schädliche Unterlassung ich oben hinwies und die man zu lange versäumt hatte? Hat nicht tatsächlich mit diesem Ereignis der (west-)römische Staat endgültig aufgehört, eine politische Rolle zu spielen? Richtete sich deshalb der unversöhnliche Haß der Geschichteschreiber am schärfsten gegen die Wandaler? Gerade Wandaler sind wegen ihrer Menschlichkeit gegen die Besiegten bezeugt! Warum sind aus dieser Zeit die Franken des Westens und ihre Führer (Könige) zu ihrer großen geschichtlichen Bedeutung gelangt (Hierzu wird im nächsten Abschnitt mehr ausgeführt)? Und warum wurden die (parteiwechselnden?) Burgunden in unaufhörliche Streitigkeiten verwickelt, daß dieser germanische Volksteil bald unterging?

Der Versuch der Bundesregierung, mit Gewalt die Ordnung im Germanischen Reiche wiederherzustellen, ist bei Catalaunum gescheitert. Fortan gingen die westlichen Volksgruppen ihren eigenen Weg, und bald trennten sich weitere von der Bundesführung ab. Sie alle büßten für die Selbstsüchtigkeit ihrer Führer mit dem Untergang des ganzen Volksstammes, ebenso mußten sämtliche germanischen Volksangehörigen bis nach Skandinavien an den Folgen leiden. Hätten die Germanen bei der Eroberung Galliens wie nach römischer Kriegssitte die meisten Römer und Welschen totgeschlagen oder vertrieben, die Welt wäre heute unvorstellbar anders (27). Aber die Germanen, denen die hassenden Römer jede Barbarei vorwarfen, ließen ja stets die Besiegten am Leben. Zugegeben, die germanische Bundesführung hatte reichlich Schwierigkeiten nach der Großen Landnahme sich durchzusetzen. Die Entfernungen zwischen den einzelnen Germanenländern betrugen jetzt tausende von Kilometern, Kuriere brauchten wochenlange Reisezeiten, die Übersicht war kaum noch möglich. Eine straff geführte Beamtenschaft gab es nicht, die germanische Gesellschaftsordnung einzurichten und zu festigen. Die Regierung war auf den mehr oder weniger guten Willen ihrer Herzöge angewiesen, und die hatten Schwächen und Fehler. Immerhin, die Chinesen verloren nie das Gefühl der rassischen und nationalen Gemeinsamkeit, gleichgültig wo sie sind. Im Vergleich mit diesem gewaltigen Volk ist der Sinn für die rassische, völkische und kulturelle Gemeinschaft bei uns vollständig abhanden gekommen. In China konnte sich eine rassisch einheitliche Nation durchsetzen, indem sie die Vorbevölkerung aus ihrem Lebensraum entfernte. Den Germanen blieb nicht die Zeit, ihre kulturell und biologisch tüchtigere Art im Wettbewerb mit der Bevölkerung der römischen Provinzen zu bewähren. Wir werden sehen, daß gegen sie Kräfte auftraten, von denen sie nichts ahnten, Kräfte, die ebensogut China zugrunde gerichtet hätten, wenn sie dort wirksam gewesen wären.

Man kann sehr deutlich an dem wohlbekannten Schicksal der Ostgoten erkennen, wie die Schwäche der germanischen Bundesgewalt sich schadenbringend auswirkte. Und nicht nur dies, wir können so deutlich wie sonst nirgends in der Geschichte die mangelhafte politische Begabung der Germanen feststellen (28).

Die Ostgoten waren 488 aus ihren neuen Wohnsitzen an der mittleren und unteren Donau aufgebrochen, um Italien zu erobern. Die germanische Bundesregierung billigte das nicht und stand nicht hinter ihnen. Byzanz schloß mit den Ostgoten Sonderverträge, das ihnen Italien als oströmische Provinz zusagte. Damit verließen sie ihren germanisch-völkischen Wachtposten gegen Ostrom in verräterischer Weise, aus politischer Einfalt und strategischer Kurzsichtigkeit. Die Ermordung des germanischen Statthalters Odoaker, der den letzten römischen Kaiser (29) im Jahre 476 beseitigt hatte, durch den in Byzanz/ Konstantinopel erzogenen Theoderich (aus welcher Ursache wurde er "der Große"?) bei einem Versöhnungs-Gastmahl war Frucht oströmischer Intrigen. Sie war ein Schurkenstreich, der alle Germanen gegen sie aufbringen mußte. Als hervorragend erfolgreicher diplomatischer Gegenzug des byzantinischen Reiches in das politische Vakuum Italien wurde damit dem Germanenstaat eine schwere Niederlage ohne Krieg beigebracht. Wen wundert es da noch, wenn die Goten in Italien nie froh wurden? Ihre Landpolitik (sich als Minderheit unter den Einheimischen anzusiedeln) war ebenso kurzsichtig wie ihre Außenpolitik, mit der sie sich zwischen alle Stühle setzten. Als ihr König Totila die unhaltbare Lage der Ostgoten erkannte, versuchte er durch Förderung von Mischehen zwischen Italikern und Goten ihre politische Schwäche auszugleichen- und fügte damit zu den Fehlern ihrer Politik noch den Verrat am eigenen Volk und seiner Rasse. Die Herrschaft über Italien war den gotischen Königen zu schön, um den einzig richtigen Weg zur Volkserhaltung zu beschreiten- nämlich Italien zu räumen. Es zeigte sich bei den Ostgoten einmal mehr, wie sehr das Verlangen, einmal gewonnenen Grundbesitz unter allen Umständen zu behalten, politische Entscheidungen nachteilig beeinflußt. Sie waren auf die Dauer noch schädlicher als ihr Versuch, als Minderheit durch reine Waffengewalt ihre Herrschaft zu sichern. Sie ist gescheitert und mußte scheitern. Das Ostgotenvolk wurde in den Kriegen mit Byzanz völlig aufgerieben. Wenn die letzten von ihnen nach der Schlacht am Vesuv nach "Thule" auswandern (oder rückwandern) durften, so ist das eine vielbesungene Episode, für die deutsche Geschichte freilich bisher ohne Lehre oder Bedeutung.

Deutscher Freiwirtschaftsbund e.V. • Bewahrung der Erkenntnisse Silvio Gesells

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